Unsere Trauer wird zu Wut, wird zu Widerstand.

Unter dem Titel “Auf die Straße gegen patriarchale Gewalt!” waren wir vor zwei Wochen anlässlich des Trans Day of Remembrance und des 25. Novembers auf der Straße und demonstrierten mit 200-300 Feminist*innen gegen die misogynen und transfeindlichen Verhältnisse. Unsere Rede dokumentieren wir hier:

Das Jahr 2025 neigt sich dem Ende und unser Fazit ist ernüchternd. Der sogenannte rechte Kulturkampf – insbesondere gegen trans Menschen – hat weiter an Fahrt aufgenommen und kein Ende ist in Sicht. Wir blicken zurück auf eine CSD-Saison, die geprägt war von Angriffen und Störversuchen junger extremer Rechter. Wir erinnern uns an die Forderung nach einem Sonderregister für trans Menschen, welche uns klarmacht, wie schnell uns mühsam erkämpfte Rechte wieder genommen werden können.

Heute sind wir gemeinsam auf der Straße, auch um allen trans Menschen zu Gedenken, die 2026 nicht mehr erleben werden. Wir trauern um alle, die ermordet wurden, weil sie als ihr authentisches Selbst gelebt haben. Oft werden in diesem Moment all diese ausgelöschten Leben unter einer Statistik vergraben. Tote Freund*innen, Kinder, Geschwister, Genoss*innen – werden alle zu ein paar Zahlen in einer Tabelle gemacht. Doch selbst wenn wir Zahlen nennen wollten, besonders aussagekräftig wären sie nicht. Denn zum Beispiel werden die meisten transfeindlichen Morde nicht als solche erfasst, über die wenigsten wird überhaupt berichtet. Hier zeigt sich auch eine Wechselwirkung mit anderen Diskriminierungsformen: denn die meisten ermodeten trans Menschen sind Frauen bzw. trans feminin, migrantisiert und in der Sexarbeit – Gruppen, die ohnehin schon gesellschaftlich unsichtbar gemacht werden. Wir wollen an dieser Stelle insbesondere alle cis Menschen dazu aufrufen, sich selbstständig mit den Schicksalen unserer Genoss*innnen auseinanderzusetzen.

Unsichtbar bleibt daneben oft die zweithäufigste Todesursache für trans Menschen – Suizid. Wir wollen heute auch um alle trauern, die nicht mehr Leben, weil sie diese Gesellschaft nicht mehr ausgehalten haben. Wir trauern um alle, die tot sind, weil sie keinen Zugang zu lebensrettenden medizinischen Behandlungen hatten. Um alle die sich in psychischen Krisen an niemanden wenden konnten, weil sie all ihre Freund*innen nach ihrem Outing verloren haben. Um alle, die die täglichen Beleidigungen und hasserfüllten Blicke nicht mehr ausgehalten haben. Um alle, die erst in ein paar Monaten oben auf der Therapiewarteliste sind, aber keinen Termin mehr vereinbaren können. 

Ein ernsthaftes Gedenken muss diese gesellschaftlichen Zustände erkennen, benennen und bekämpfen. Die Tode dürfen keine Einzelereignisse sein, über die man sich kurz bestürzt zeigt, um dann weiter seinem Alltag nachzugehen. Die Todesursachen haben System: die Gewalt kommt von Faschos, von cis-Männern, von Bullen, von Ärzt*innen – die Liste ist lang. Und die Wurzeln dieser Gewalt sind tief in gesellchaftlichen Machtverhältnissen, wie Staat und Kapital, insbesondere aber dem Patriarchat, verankert.

Deshalb helfen uns auch keine abstrakten Schutzappelle an Staat und Polizei, deren Vertreter*innen in extrem rechten Chatgruppen sind und als Lieblingsbeschäftigung Faschodemos den Weg freiprügeln. In einer Zeit der Faschisierung der Gesellschaft und Politik, braucht es nicht viel, um zu sehen, in welche Richtung wir uns bewegen. Es ist nicht mehr weit, zu einer extrem rechten Regierung. Was das konkret für trans Menschen bedeuten würde, können wir an Staaten wie den USA, Russland oder Ungarn erkennen: massive Repression, weitere Einschnitte der Selbstbestimmungsrechte und ausgeweitete Zensur. Es steht also die Freiheit der Körper und der Stimmen von trans Personen infrage. Um dem Staat die Macht, unsere Rechte so immens einzuschränken, zu nehmen, braucht es kollektive Selbstermächtigung! Es braucht einen queeren antifaschistischen Selbstschutz! Es braucht Räume frei von Mackern und staatlichen Repressionen! Gegen ihren sogenannten rechten Kulturkampf stellen wir unsere queerfeministische Solidarität! 

Auch wenn 2025 ein beschissenes Jahr war – einige Lichtblicke gab es. Im Januar waren die Hallen beim AfD-Parteitag in Riesa leer. In Bautzen haben wir mit mehreren tausend Genoss*innen die Jungfaschos vom CSD abgeschirmt. Und am Samstag werden wir die Gründung der neuen JA zum Desaster machen! 

Wir wollen an alle trans Menschen denken, die 2026 nicht mehr erleben werden. Unsere Trauer wird zu Wut, wird zu Widerstand.