Hier dokumentieren wir unseren Redebeitrag von der Demo Hessisches Versammlungs’freiheits’gesetz stoppen!, die am 18.03.2023 in Frankfurt am Main stattgefunden hat.
Vorab-Kontrollen von Versammlungsteilnehmenden, abgelehnte Versammlungsleiter*innen, verpflichtende Adressangaben von Ordner*innen, dauerhaftes Abfilmen aller Demos ohne Grund und Verbot von Demoblöcken. Was wie eine dystopische Zukunft klingt, könnte sehr bald mit dem neuen sogenannten „Versammlungs „Freiheits“ Gesetz“ bittere Realität sein. Unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit ermöglicht dieses Gesetz die Überwachung von Versammlungsteilnehmenden und schränkt kreativen Ausdruck und die Gestaltungsfreiheit von Demos massiv ein. Wenn vor diesem Hintergrund dann gesagt wird, dass das Gesetz dem “unverzichtbaren Recht auf Versammlungsfreiheit zur größtmöglichen Wirksamkeit” verhelfen soll, wird klar, dass wir hier ziemlich verarscht werden. Denn das Gesetz liest sich wie ein Wunschzettel von Regierung und Polizei, um den legitimen Protest gegen ihre autoritäre und rückwärtsgewandte Politik mundtot zu machen. Um es ganz deutlich zu sagen: Dieses Gesetz stellt einen tiefgreifenden Einschnitt in unsere Versammlungsfreiheit dar! Es ist eine Gefahr für all diejenigen, die unermüdlich gegen Faschismus, Rassismus, FLINTA-Hass und Menschenfeindlichkeit auf die Straße gehen. Deshalb darf es auf keinen Fall beschlossen werden!
Das Versammlungs-Verhinderungs-Gesetz beschwört eine Wirksamkeit gegen „Radikale und Gewalttäter“. Doch wie es Genoss*innen aus Halle schon 2019 gut beschrieben haben: „Ginge es der Landesregierung wirklich darum, effektiver gegen Rechtsextremismus vorgehen zu können, gäbe es bereits jetzt viele unausgeschöpfte Möglichkeiten. Rechte Straftaten werden durch die Staatsanwaltschaften bagatellisiert, rechte Netzwerke in staatlichen Strukturen nicht erkannt. Die Verschärfung des Versammlungsrechts hilft hingegen nicht gegen den Terror von rechts. Im Gegenteil – der Handwerkskoffer der Repressionsbehörden wird ausgebaut und im Zweifel werden dadurch Antifaschist*innen kriminalisiert.“
Rechtsextreme Chatgruppen im Frankfurter Polizeirevier I, Weitergabe polizeilicher Daten und Adressen im Fall NSU 2.0 oder die Verweigerung konsequenter Aufklärung der rassistischen Morde in Hanau: Staat und Polizei zeigen uns bereits jetzt immer wieder aufs Neue ihr strukturelles, rechtes Problem. Einer solchen von Rechten durchsetzten Struktur noch mehr Möglichkeiten der Überwachung und Einschränkung politischer Gegner*innen zu geben, ist nichts anderes als ein offener Angriff auf uns alle. Das neue Versammlungsgesetz ist also nicht nur eine grundlegende Einschränkung unserer demokratischer Handlungsrechte, sondern bietet der extremen Rechten noch mehr Handlungsspielraum. Auch deshalb darf es auf keinen Fall Realität werden!
Für uns ist glasklar: Gegen Nazis hilft keine Einschränkung des Versammlungsrechts, sondern nur konsequenter Antifaschismus! Was wir brauchen ist schon längst deutlich: Eine unabhängige Aufarbeitung rechter Strukturen in Polizei und anderen staatlichen Behörden, konsequentes Vorgehen gegen die Verbreitung hetzerischer, menschenverachtender Ideologien sowie lebensgefährlicher oder sogar tödlicher Taten wie in Hanau, Halle und Hamburg und den Schutz derjenigen, die tagtäglich rechten Angriffen ausgesetzt sind. Für unsere Praxis bedeutet das konkret, dass wir mehr Möglichkeiten der antifaschistischen Selbstorganisierung schaffen müssen. Und für hier und heute bedeutet es, dass wir uns unseren kreativen und ausdrucksstarken Protest nicht nehmen lassen! Lasst uns gemeinsam lautstark auf die Straße gehen und dieses unsägliche Versammlungsgesetz verhindern. Denn wir protestieren, wie wir wollen!