Für den 10. Juni hatten wir gemeinsam mit anderen antifaschistischen Gruppen zur Demo Antifa lässt sich nicht verbieten! aufgerufen. Mit über 130 Antifaschist*innen trugen wir unsere Solidarität mit den verurteilten Genoss*innen im Antifa-Ost-Verfahren und den Betroffenen der Bullengewalt bei der Tag-X-Demo in Leipzig auf die Straße. Lautstark zogen wir vom Willy-Brandt-Platz zur Hauptwache, wo wir eine Kundgebung mit vielen Redebeiträgen abhielten. Unseren Redebeitrag dokumentieren wir hier:
Wenn Danger Dan darüber singt, Faschisten zurück in ihre Löcher zu prügeln – dann landet das Lied in den deutschen Charts.
Wenn Quentin Tarantino ein Film übers Nazijagen dreht – dann bekommt der Film von einer deutschen Behörde das Prädikat besonders Wertvoll verliehen.
Ja, selbst wenn ein Faschist wie der Herr Graf von Stauffenberg versucht den Führer in die Luft zu sprengen, weil er schiss hat den Krieg zu verlieren – dann gibt es mehr öffentliche Huldigungen und Gedenkveranstaltungen als ein Antisemit wie Stauffenberg jemals verdient hätte.
Wenn aber Antifaschist*innen sich hier und heute mit körperlicher Gewalt gegen Nazis wehren – dann gibt es 129er-Verfahren, dann gibt es Hausdurchsuchungen, dann gibt es Demonstrationsverbote und dann gibt es sehr hohe Gefängnisstrafen.
Der militante Widerstand gegen Nazis ist in Deutschland beliebt, solange er fiktiv bleibt oder graue Vergangenheit ist. Denn auch Nazis will man hauptsächlich in fiktiven Geschichten oder der Vergangenheit erkennen. Den Faschismus der AfD bezeichnet man in Deutschland lieber als Rechtspopulismus oder Verdachtsfall. Der rassistische Mob in Chemnitz oder bei PEGIDA heißt in Deutschland einfach besorgter Bürger. Selbst bei brennenden Flüchtlingsheimen oder Hakenkreuz-Tattoos fällt es der deutschen Justiz schwer, einen faschistischen Hintergrund zu erkennen. Und Nazichats bei der Polizei sind neuerdings von der Kunstfreiheit gedeckt.
In Deutschland ignoriert man sein Naziproblem bis es nicht mehr zu ignorieren ist. Der Antifa Ost-Prozess hat das bestens bewiesen. Die Stadt Eisenach war über Jahre eine Nazi-Hochburg. Polizei, Justiz und Politik hat das einen Scheiß interessiert. Die Nazis konnten machen, was sie wollten: NS-Verherrlichung, Morddrohungen, Angriffe auf linke Kulturveranstaltungen, schwerste Körperverletzung. Der Staat blieb nahezu tatenlos. Ende 2019 kommt es dann zu drei antifaschistischen Angriffen auf den Nazi Leon Ringl und seine Nazi-Kneipe Bulls Eye. Das führte dazu, dass die Nazis ihre Aktivitäten deutlich einschränkten.
Jetzt erst ist der Moment, wo der deutsche Staat aktiv wird – aber nicht gegen Nazis, sondern gegen Linke. Umfangreiche Ermittlungen werden angestellt und eine medienwirksame Verhaftung der vermeintlichen Rädelsführerin wird inszeniert. Die Presse und Politik schreit ein Linksextremismusprobleme herbei. Es folgt ein monatelanger Schauprozess, in dem Nazis und Vergewaltiger die Hauptzeugen sind und es nur Indizien und keine Beweise gibt. Trotzdem werden die Antifaschist*innen Lina, Lennart, Jannis und Jonathan zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zahlreiche Soldaritätsdemos werden bundesweit aufgelöst, angegriffen und zusammengeknüppelt. In Leipzig wird kurzerhand das Versammlungsrechte abgeschafft. Die Polizei hält 1.000 Antifaschist*innen über 11 Stunden unter menschunwürdigen Bedingungen in Kesselhaft und zehn weitere Antifas landen direkt in Untersuchungshaft.
Die Situation könnte perfider kaum sein: Die faschistische AfD ist die zweitstärkste Partei in Deutschland. Die Nazi-Netzwerke in den sogenannten Sicherheitsbehörden werden immer offensichtlicher. Wir erleben eine permanente faschistische Straßenmobilisierung und in manchen Städten kündigen sich schon die nächsten Baseballschlägerjahre an. Der deutsche Staat und die Springerpresse blasen aber zur Jagd auf Antifaschist*innen. Die deutsche Justiz zeigt dabei einen Verfolgungswahn gegen Linke, wie man ihn wirklich nur den Enkeln von Nazi-Tätern zutrauen kann. Und die Faschos bei den Bullen kriegen freie Hand, um antifaschistische Demos ins Krankenhaus zu prügeln.
Wir wissen wirklich nicht, ob wir lachen oder weinen oder einfach nur kotzen sollten. Aber eins wissen wir: wir sollten kämpfen! Wir sollten uns organisieren, uns zusammenschließen und uns den ganzen Nazis von heute entgegenstellen. Konsequenter Antifaschismus ist notwendiger denn je!
Gemeinsam gegen die Nazis auf der Straße und im Staatsapparat – und zwar mit allen notwendigen Mitteln. Siempre Antifascista – Für immer antifaschistisch!