Kundgebung: 22. November | 18:00 Uhr | Alte Oper – Frankfurt am Main
Der 7. Oktober hat in trauriger Deutlichkeit gezeigt, welche vernichtende Wirkmacht der Antisemitismus im 21. Jahrhundert noch immer entfalten kann. Die Hamas und ihre Verbündeten von PIJ bis PFLP durchbrachen in den frühen Morgenstunden den Grenzzaun zwischen Gaza und Israel und verübten den größten antisemitischen Pogrom seit der Shoah. Über 1.200 Menschen wurden ermordet, weil sie Jüd*innen waren oder für Jüd*innen gehalten wurden. Mindestens 240 Menschen wurden als Geiseln in den Gaza-Streifen verschleppt. Mit der gezielten Ermordung von unzähligen Zivilist*innen, mit der Exekution von Shoah-Überlebenden bis hin zu Kleinkindern, mit Folter und sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe, begangen die Hamas und ihre Verbündeten brutalste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Seitdem nehmen die antisemitischen Übergriffe weltweit zu: Angriffe auf Synagogen und Gedenkstätten, judenfeindliche Lynchmobs und antisemitische Demos.
Doch sowohl global als auch in Deutschland und Frankfurt blieb die Solidarität von Links mit Jüd*innen und Israel größtenteils aus. Viele versuchten den Pogrom zu relativieren oder zu rechtfertigen und andere schwiegen, während manche Linke das Massaker offen als gelungenen Widerstand feierten. Und es dauert nicht lange, da waren die ersten Linken schon auf Demos Seite an Seite mit bekannten Antisemit*innen, erklärten Israel zum Hauptschuldigen oder gleich zum absolut Bösen, beschuldigten Israel eines Genozides und forderten die Vernichtung des jüdischen Staates – die Opfer des antisemitischen Pogroms vom 7. Oktober waren schnell vergessen, die Geiseln in den Händen der Hamas waren ihnen kein Wort wert.
Doch es gibt einen Begriff, der diese mangelnde Empathie, die fehlende Solidarität, die Täter-Opfer-Umkehr und die Dämonisierung Israels erklärt: Antisemitismus.
Denn Antisemitismus ist leider kein Relikt der Vergangenheit oder ein irrelevanter Nebenwiderspruch. Die kapitalistische Gesellschaft bringt massenhaft antisemitische Ideologien hervor und sie äußern sich auf viele Arten: von der deutschen Schuldabwehr bis zu Verschwörungsideologien auf Corona-Demos, von der Obsession mit Banken und Zinsen über linke Aufrufe zur globalen Intifada bis hin zu rechten Mythen vom “Großen Austausch”, von der Entsolidarisierung mit jüdischen Opfern bis zum antizionistischen Hass auf Israel. Und keine Form des Antisemitismus bleibt nur abstrakt, sondern endet immer in konkreter psychischer und physischer Gewalt gegen Jüd*innen – bis hin zum Pogrom und Genozid. Antisemitismus muss deshalb als zentrales Problem dieser Gesellschaft benannt und begriffen werden – nur dann ist wirkliche Emanzipation möglich!
Wir wehren uns jedoch dagegen, dass dieser Kampf gegen Antisemitismus und der Kampf gegen Rassismus gegeneinander ausgespielt werden. Wir stellen uns gegen die deutsche Regierung, die Antisemitismuskritik instrumentalisiert, um Abschiebungen zu erleichtern und rassistische Polizeipraktiken zu legitimieren. Wir stellen uns gegen die Relativierung des Leidens der palästinensischen Zivilist*innen, die in diesem Krieg in immensen Ausmaß tödlicher Gewalt ausgesetzt sind. Sie haben das Recht auf ein Leben in Frieden und Demokratie! Aber wir stellen uns auch entschieden gegen den antiimperialistischen und post-kolonialen Antizionismus, der Israel in antisemitischer Manier dämonisiert und den Jüd*innen ihre Existenz sowie das demokratische Selbstbestimmungsrecht im Nahen Osten abspricht. Denn genau diese Form des Antisemitismus eskaliert momentan weltweit!
Für uns als Antifaschist*innen und als Linke verschiedener Couleur sollte klar sein: der Kampf um eine befreite Gesellschaft ist nicht zu trennen von dem Kampf gegen Antisemitismus. Eine radikale Linke, die ihren Namen verdient, muss sich gegen jede Form von Antisemitismus stellen – auch wenn es der neue alte Antizionismus von links ist!
Deshalb stehen wir in voller Solidarität mit unseren jüdischen Genoss*innen sowie allen Jüd*innen in Israel und weltweit! Gegen das Schweigen und die Entsolidarisierung der globalen Linken! Der Kampf gegen jeden Antisemitismus und die Solidarität mit Betroffenen antisemitischer Gewalt muss linker Konsens sein!